Frankfurt a/d Main
Duitsland
Hauptfriedhof, Gewann F, 465u Gemeenschapsgraf voor Menschen met Hiv en Aids Frankfurt sinds 12 Juni 2008
10 namen
Gemeinschaft im Tod
Grabstätte für Menschen mit HIV und Aids
Weich sinken die Schritte in den Untergrund. Unregelmäßig geformte flache Sandsteinplatten bieten Halt für Füße, die nicht einsinken mögen. Groß ist sie nicht, die neue Gemeinschaftsgrabstätte für Menschen mit HIV und Aids. Unweit der Trauerhalle des Hauptfriedhofes gelegen, hinten umgrenzt von einer brusthohen Mauer, vorne umgeben von kleinen Hecken aus Ölweiden.
Eine leicht erhöhte Eckgrabstätte. Heimstatt für Menschen, die in ihrem Leben und Sterben häufig ausgegrenzt wurden. Die sich prostituierten, Drogen nahmen oder wegen ihres Schwulseins von ihren Herkunftsfamilien nicht akzeptiert wurden. Die "nach dem Ableben wieder in die ungeliebte Familie heimgeholt und unter Ausschluss der wirklichen Freunde und Lebenspartner mit falschen Angaben und mit falschen Nachrufen an falschen Orten bestattet wurden", sagt Christian Setzepfand von der Aids-Hilfe Frankfurt in seiner Ansprache zur Eröffnung der Grabstätte. Auch in Frankfurt war eine solche Gemeinschaftsgrabstätte, die die Begriffe des Privaten und der Familie sprengt, erst mal nicht vorgesehen und musste "in der Verwaltung verankert" werden, erinnert Bürgermeisterin Jutta Ebeling.
Seit Donnerstag gibt es im Hauptfriedhof nun einen Ort, um Abschied nehmen zu können. Einen Ort, der weder auf Geschlecht noch Religion oder ethnischen Hintergrund festlegt, sondern offen für alle ist. Einen Ort der Ruhe, künstlerisch sensibel gestaltet von dem Aschaffenburger Bildhauer Helmut Hirte, den das Thema Erinnerungskultur nicht loslässt. Hirtes Entwurf überzeugte beim Gestaltungswettbewerb, der Aids-Hilfe. Seine Skulpturen, die sich stark zurückhalten und doch zum Entdecken einladen, sind der Grabstätte angemessen.
Etwas zurückgeben
"Ich wusste nicht, wie manche HIV-Infizierte sterben, ohne ihre Familien in Wahlfamilien. Das war mir fremd. Gerade wenn Menschen am Rande der Gesellschaft leben, kann ich das überhaupt nicht vertragen", sagt Hirte. Ihn trieb die Überlegung an "wie kann man etwas zurückgeben?" Entstanden sind daraus neun vergoldete Rechtecke, mit Spiralen und anderen Zeichen verziert, eingelassen in eine Stele aus Muschelkalk, weithin leuchtend.
Symbol für die neun in die Erde eingelassenen Grabkammern in denen, übereinander befestigt, einst 100 Urnen Platz finden sollen. Kein namenloser Ort wie das Aids-Memorial auf dem historischen Peterskirchhof. Dort hatten immer wieder Hinterbliebene darum gebeten, in die Nägel, die Jahr für Jahr am Welt-Aids-Tag in die alte Friedhofswand geschlagen werden, die Namen der Verstorbenen einzugravieren, erinnert Christian Setzepfand.
Namen auf Marmorwürfeln
Die Namen der Toten, die in der Gemeinschaftsgrabstätte ihre Heimstatt finden, werden auf bewegliche Würfel aus Jura-Marmor aufgetragen, die, von einem stählernen Gerüst getragen, eine Seite der Grabstätte begrenzen. Eine schlichte, um die Ecke laufende Steinbank von zwei hellen Holzbändern durchzogen, lädt neben der Würfelwand zum Atem holen, Ruhe finden und Gedenken ein.
Nur wenig entfernt steht ein steinerner Stuhl, ein Seelenstuhl, auf dem während der Trauerfeiern Grabbeigaben liegen können. Helmut Hirte meißelte Öffnungen in die Lehne und setzte kleine Skulpturen in diese Durchbrüche. "Damit man wo hängenbleibt, damit es nicht nur durchgeht, sondern auch ein Widerstand da ist beim Hinübergehen." Foto © Rolf Öser Frankfurter Rundschau online

12 Juni 2008
Susanne Schmidt-Lüer, Frankfurt